Montag, 03. Oktober 2011 12:07
Wer etwas erreichen will, muss den „inneren Schweinhund“ überwinden. So lautet das Credo vieler Motivationsgurus. Die aktuelle Stress- und Burn-out-Debatte legt gleichzeitig nahe, die Selbstüberwindung nicht zu weit zu treiben. Frustrationstoleranz lässt sich nicht endlos erweitern. Menschen brauchen Komfortzonen.
Tests wie diesen finden sich zu Hauf im Internet. Sie liefern ein Blitzlicht über die persönliche Tendenz, unangenehme Aufgaben vor sich herzuschieben. Der Schweinehund liebt das Aufschieben.
Die Allegorie des Schweinehundes stammt aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Geläufig im heutigen Sinne der Überwindung einer Willensschwäche wurde der Begriff im 1. Weltkrieg. Damals ging es tatsächlich darum, jegliche menschliche Regung abzutöten, um das Morden in den Schützengräben von Verdun zu ertragen.
Heutzutage geht es zivilisierter zu. Man kämpft gegen den Schweinehund, wenn er einen davon abhalten will, sich gesund zu ernähren oder endlich den Keller aufzuräumen. Im Beruf meldet er sich gegen Überstunden. Er sagt Nein bei zusätzlichen Anstrengungen, um die Karriereleiter zu erklimmen. Sein Motto: Auf dem Sofa ist es gemütlicher als auf der Leiter.
Der Kampf gegen den Schweinehund kann schon einmal dazu führen, dass der Stresspegel steigt und man sich wie eine Marionette seiner selbst fühlt. Dann heißt es, Zähne zusammenbeißen und das Gespenst des Burn-out verjagen. Attacke! Ich will, ich kann, ich muss….
Die Auto-Aggression lässt wenig Raum für Kompromisse. Kein Anti-Diskriminations-Gesetz schützt das Fremde in einem. Mobb dich selbst, sonst mobbt dich keiner. Armer Schweinehund. Armer gestresster Mitarbeiter.
Zwang macht unkreativ. Ein permanentes Durchsetzen des Leistungswillens gegen das Bedürfnis nach Erholung und Lebensfreude, bedeutet eine Vergewaltigung der eigenen Persönlichkeit und der Chance auf Selbstverwirklichung.
Dabei gibt es eine Alternative zur sado-masochistischen Leistungspraxis. Haben Sie sich schon einmal gefragt, welches Potenzial im Schweinehund steckt? Ist es nicht verblüffend, mit welcher Energie, er sich gegen Anstrengung wehrt. Was wäre wohl möglich, wenn man diese Fähigkeit konstruktiv nutzen könnte?
Angenommen dieser Widerstandskämpfer wäre Ihr Konfliktpartner. Konfliktmanagement und Mediation mahnen uns, die Bedürfnisse des Gegenübers zu beachten. Was also ist die positive Absicht hinter der Blockadepolitik?
Nehmen Sie sich jetzt ein paar Minuten Zeit für Ihren Schweinehund …und fragen Sie:
1. Was willst du erreichen, lieber Schweinehund?
2. Wie kann ich dir UND meinen Zielen gerecht werden?
Lassen Sie Ihre Intuition für sich arbeiten. Wenn das im Alltagsstress nicht immer machbar ist, holen Sie Ihr Unbewusstes mit ins Boot. Sie gehen mit den Fragen schlafen und das, was Ihnen am Morgen als erstes dazu einfällt, schreiben Sie urteilsfrei auf. Lassen Sie diese Antworten ruhig eine Zeit lang liegen. Wenn Sie wieder Muse haben, werfen Sie einen Blick auf die Botschaft des Schweinehundes. Das ist ganz in seinem Sinne. Schweinhund-Coaching könnte so funktionieren:
Die Lösung besteht vielleicht in einer zeitlichen Aufteilung a la Work-Schwein-Balance. 5 Tage arbeiten, 2 Tage die Sau rauslassen. Oder gibt es vielleicht einen Herzenswunsch, gar etwas Unanständiges, das sich Ihr Schweinhund zum friedlich sein wünscht?
Am Anfang steht immer die Bereitschaft, die Barrikaden zu verlassen und miteinander zu reden. Auch wenn es einem stinkt… so ist das eben mit Schweinehunden.
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