Samstag, 11. August 2012 14:15
Nachwuchstrainer und Coachs wachsen mit dem Leitsatz von Rick Tate auf (s. Rechts). Kennen Sie passend dazu den Witz von dem Löwen und der Giraffe und dem seltsamen Mitarbeiter.
Der Löwe trifft die Giraffe und meint: Sag mal, kennst du den komischen Typen in unserer Projektgruppe? Immer wenn ich auf ihn treffe, schreit er wie am Spieß?“
„Nein“, meint die Giraffe, „kenne ich nicht. Ich kenne nur Leute, die ganz fasziniert zu mir aufschauen.“
Aus systemischer Coach-Perspektive lässt sich einiges von dieser Geschichte ableiten. Es ist offenbar schwierig für Löwe und Giraffe, Aktion und Reaktion voneinander zu unterscheiden. Als Konsequenz wird der Mitarbeiter vom Löwen als „seltsam“ eingeschätzt. Auf die Idee, dass das Schreien durch ihn ausgelöst wird, kommt er nicht.
Erläutert man Führungskräften in Trainings das Modell von den X und Y Typen nach Douglas McGregor, so sehen sich alle als eindeutige Y-Typen. Das heißt sie sind motiviert, haben Freude an Leistung und handeln eigenverantwortlich. Soviel zum Selbstbild einer Führungskraft. Fragt man die Teilnehmer, was sie von ihren Mitarbeitern halten, bekommt man oft folgendes zu hören: Das Team ist „seltsam“ träge, muss angetrieben werden und würde sich ohne die nötige Kontrolle auf die faule Haut, legen. Mitarbeiter sind X-Menschen.
Vor dem Hintergrund der Geschichte oben, ist zu bedenken: Der Mitarbeiter reagiert – und zwar auf sein auf Erfahrung beruhendes Bild der Führungskraft. Alles, was an möglichen Handlungen, Macht und Autorität damit verbunden ist, verlangt von dem Mitarbeiter eine bestimmte automatische Reaktion.
Eine Führungskraft sollte also im Auge behalten: Sie sieht den Mitarbeiter nicht wie er ist. Sie sieht den Mitarbeiter, wie er sich gegenüber der Führungskraft verhält. Hüten Sie sich also vor schnellen Pauschalurteilen.
Generell gilt: Wenn Sie mit anderen kommunizieren, sie verstehen und positiv beeinflussen wollen, halten Sie sie nicht für blöd, dumm, faul, schwach. Geben Sie ihrer Beziehung eine Chance, sich zu entwickeln. Lernen Sie sich besser kennen und bauen Sie Vertrauen auf. Bewusstsein und wechselseitiges Verständnis entstehen durch Empathie und Perspektivenwechsel.
Das Selbstbild einer Führungskraft ist meist sehr positiv, wie die Einschätzungen bei dem McGregor-Modell zeigen. Doch wie sieht es mit dem Fremdbild aus? Wie werden Sie von anderen, z.B. Ihren Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzen, internen und externen Kunden etc. wahrgenommen?
Die Antwort findet sich beispielsweise im Rahmen eines 360°-Feedbacks. Bei dieser Befragung erhält die Führungskraft ein am Verhalten orientiertes Feedback zu ihrer Performance als Führungskraft im Unternehmen.
Der Nutzen verschiedener Perspektiven (= Multiperspektivität) besteht in der resultierenden Objektivität der Beurteilung. Wenn verschiedene Personen eine Bewertung vornehmen und die Beobachtungen mehrerer Sichtweisen kombiniert werden, nähert sich das Gesamtbild immer mehr der Realität an. Als Konsequenz ist es möglich auf Basis dieser realistischen Einschätzung konkrete praxisnahe Verbesserungsmöglichkeiten – beispielsweise im Rahmen eines Coachings - anzugehen.
Einen ähnlichen Effekt kann auch die Potenzialanalyse haben, wenn sie sich an konkreten Verhaltensweisen orientiert und typische Situationen des Arbeitsalltags einer Führungskraft Teil der Übungen sind. Wenn Vertreter des Unternehmens und externe, professionelle Assessoren die Einschätzung vornehmen, besteht die Chance auf ein annähernd sachliches Gesamtergebnis.
Noch ein Hinweis zum Schluss: Das Feedback ist das Frühstück, nicht (!) der Mitarbeiter, liebe Löwen.
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