Mittwoch, 24. Juni 2020 14:45
Zur Zeit boomen Online-Kurse. Sie laufen nicht selten so ab, daß sich eine Gruppe von Menschen an verschiedenen Orten vor dem persönlichen Computer versammelt, Mikro und Webkamera abstellt und sich von einem Dozenten berieseln läßt. In dieser Form sind Online-Angebote nicht dazu geeignet, neue Fähigkeiten zu vermitteln. Es ist sogar fraglich, ob der erste Schritt des Wissenstransfers funktioniert, wenn Menschen nicht wirklich miteinander interagieren.
Das Home-Office verführt dazu, sein eigenes Süppchen zu kochen. Während der Trainer spricht, geht man aufs Klo. Die soziale Kontrolle ist gegenüber einem Präsenzkurs deutlich reduziert. Selbst wenn man Gesicht zeigt, kann man nebenbei noch an einem anderen Dokument arbeiten.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung neuen Könnens ist die aktive Beteiligung der Lernenden, sowohl geistig wie körperlich. Im Home-Office ist man aber allein. Es fehlt der Ansporn durch den Kollegen, der einem über die Schulter schaut. Eine auflockernde und ermutigende Bemerkung zwischendurch fällt schwerer, wenn man sich nicht schnell zu seinem Nächsten beugen und ein bißchen tuscheln kann. Um selbst präsent zu sein, hilft es, wenn andere präsent sind.
Damit ein Online-Seminar funktioniert, muß der Trainer deutlich mehr aktivierende Übungen einbauen als bei einem Präsenzseminar. Eine Grundvoraussetzung ist auch, daß jeder dem Sprecher zu jedem Zeitpunkt folgt. Die Mikros sollten aus diesem Grund nicht abgestellt werden. Die Kamera darf nicht im OFF-Modus sein.
Der Trainer muß sich in kurzen Abständen Feedback einholen, das von allen gegeben wird. Das kann auf die Nerven gehen, insbesondere wenn man der zehnte in einer langen Feedbackrunde ist und nichts Neues mehr beizutragen hat. Auflockernd kann es wirken, wenn der Trainer Tools zur Verfügung stellt, die eine einfache Abstimmung ermöglichen. Schon die Verpflichtung den Daumen nach oben oder den nach unten zu klicken, kann eine wichtige Auffrischung bedeuten.
Wie in Präsenzkursen ist auch Online die Kleingruppenarbeit von großer Bedeutung. Hier kann sich niemand verstecken und jeder wird zumindest ein wenig aktiv.
Die Arbeit mit zusätzlichen Medien ist ein großer Vorteil des Online-Formats. Der Mensch lernt mit allen Sinnen und zu Hause und vor dem Computer ist man fokussiert, wenn sich etwas Spannendes vor einem abspielt. Lehrreiche und unterhaltsame Videos bieten sich zur Auflockerung an. Auch eine Entspannungsübung mit eingespielter Musik und Kopfhörern gelingt sehr gut.
Die Römer hielten ihr Publikum durch Brot und Spiele bei Laune. In der Online-Arena ist beides hilfreich. Das Brot des Online-Lernens sind die Pausen. Wenn man sich weniger beteiligt, wird man paradoxerweise schneller müde. Die erzwungene Zurückhaltung des Ausdruckverhaltens kostet die Teilnehmer Kraft. Der Dozent erschöpft auch schneller, weil ihm das stimulierende Feedback der Gruppe fehlt. Pausen sind also das A und Online. Menschen können circa 57 Minuten konzentriert kognitiv arbeiten. Eine Stunde sollte also das oberste Limit für einen Trainingseinheit sein. Danach sollte man den Arbeitsplatz verlassen, sich bewegen und etwas Spielerisches tun, das einem Freude bringt.
Andererseits kann man das Spiel auch ins Webinar holen. Menschen verbringen unzählige Stunden äußerlich passiv vor Bildschirmen, wenn sie ein spannendes Spiel verfolgen können. Wettbewerbe kann man ins Training ausbauen, ja, es ist sogar möglich, das Training zu einem kleinen Wettbewerb umzufunktionieren. An dieser Stelle kann man beispielsweise die alte SQ3R-Methode des Lernens einbauen. Sie steht für Survey (Überblick), Question (Fragen), Read (Lesen), Recite (Beantworten) und Review (Überblick). Für ein gelungenes Online-Seminar ist diese Struktur ideal.
Dabei liefert der Trainer zunächst den Überblick. Dann formuliert er Fragen, die er im Laufe des Seminars beantworten wird. Anstelle des Lesens kommen die Seminarinhalte. Ihre Vermittlung erfolgt nach dem Hinweis, daß in den nächsten Stunden alle Fragen beantwortet werden und daß am Schluß ein Quiz absolviert werden soll. Der Überblick ist die Auflösung und die Belohnung. Am Ende des Seminars gibt es für alle Teilnehmer einen Test und wer die Fragen richtig beantwortet erhält eine Belohnung. Der Trainer kann individuell entscheiden, was das sein könnte. Erfahrungsgemäß bewirken schon minimale Geschenke wie ein Taschenbuch, daß die Zuschauer deutlich aufmerksamer sind und engagierter mitarbeiten.
Die Big Five des Onlinelernens lassen sich in folgendem Aufruf an die Trainer zusammenfassen:
1. Verhindern sie, daß die Teilnehmer sich durch Mikro oder Kamera wegstehlen
2. Bauen sie verstärkt kleine Feedback-Schleifen ein, an denen sich alle beteiligen sollen
3. Setzen sie mehr aktivierende Medien wie Filme oder Musikstücke ein, die die Sinne ansprechen
4. Machen sie mehr Pausen und animieren sie die Teilnehmer dazu sich zu bewegen
5. Machen sie aus dem Kurs einen Wettbewerb, bei dem es etwas zu gewinnen gibt
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Ein guter Online-Kurs braucht eine sehr gute Vorbereitung. Personalentwicklung3000 begleitet sie state of the art auf das erfolgreiche neue Lernen vor. Wenn man als Trainer dann noch die Big Five des Online-Lernens gibt, geht der Daumen mit Sicherheit nach oben.
©2010 Personalentwicklung 3000 Thomas Lang, Berlin