Eine schöne Geschichte für den Start von Coachings

Montag, 22. September 2008 17:19

 

Unternehmen sind soziale Gebilde, die meist über längere Zeiträume gewachsen sind. Oft wissen neue Mitarbeiter nicht, warum bestimmte Dinge auf eine bestimmte Art und Weise und nicht anders gemacht werden. Die Alteingesessenen haben vielleicht keine Zeit für Erklärungen oder haben den Sinn und Zweck einer Routine auch schon vergessen. Automatismen sollen eigentlich dazu dienen, den Geist für kreative Tätigkeiten zu entlasten. Hin und wieder bewirken sie das Gegenteil.

 

Vor kurzem las ich eine interessante Geschichte, die ich an dieser Stelle gerne zur Illustration wiedergeben möchte (Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte).

Als Kind ging ich sehr gerne in den Zirkus. Besonders fasziniert war ich von den riesigen Elefanten. Welch beeindruckenden Kunststücke diese Kolosse auf Geheiß des Dompteurs vollführen. Sie balancierten auf den Hinterbeinen oder drehten sich im Rhythmus eines Schlagers. Mit Leichtigkeit hoben sie ganze Fußballmannschaften auf riesigen Flößen in den Himmel. Welche Kraft!

Äußerst verwundert war ich dann allerdings in den Pausen, wenn ich sah, dass diese Riesen oft nur sehr behelfsmäßig mit einfachen Stricken an geradezu winzigen Pflöcken hinter dem Zirkuszelt abgestellt wurden. Warum verharrten diese gewaltigen Wesen an kleinen Pflöcken, anstatt frei durch die Gegend zu spazieren.

Meine Bekannten erklärten mir das folgendermaßen: „Der Elefant ist dressiert darauf, an dem Seil und an dem Pflog zu bleiben.“ Irgendwie leuchtete mir das aber nicht ein. Wenn man einen Elefanten darauf dressieren konnte an einen kleinen Pflock gekettet zu sein, der seiner geballten Kraft nie und nimmer würde widerstehen können, hätte man ihn doch gleich aufs Stehen neben dem Zelt dressieren können. Wozu nur der Pflock? Es machte einfach keinen Sinn.

Ich dachte lange über das Problem nach und endlich begegnete ich jemanden, der die Lösung kannte. „Der Elefant bleibt an den kleinen Pflock gefesselt, weil er es schon immer war.“

In mir entstand dieses Bild des kleinen Elefanten, den man an den Pflock fesselt. Noch besitzt er nicht die Kraft, um sich loszureißen. Er zerrt an dem Seil, Tag für Tag, doch es hilft alles nichts. Der Pflock ist nicht tief in der Erde und das Seil nicht besonders dick, aber für den kleinen Elefanten reicht es. Er hat mit seinen noch unreifen Kräften keine Chance sich loszureißen. Irgendwann nach Tagen der verzweifelten Versuche auszubrechen, gibt er auf. Er hat sich mit seinem Schicksal abgefunden.

Selbst nach Jahren, er ist längst ein großer und mächtiger Elefant, wagt er es nicht, einen neuen Versuch zu starten. Seine Erinnerung, sein Wissen, ja seine Gewissheit um das einstige Scheitern sitzen so tief, dass er die Umstände nicht mehr hinterfragt. Er sieht die Möglichkeiten der Veränderung nicht.

Vielen Menschen und vielen Unternehmen geht es ähnlich. Sie hängen ohne Initiative an Pflöcken, die jemand vor Zeiten eingeschlagen hat. Sie richten sich nach Vorgaben, die vielleicht irgendwann einmal sinnvoll waren und zu denen es damals vielleicht keine Alternative gab. Und sie haben aufgehört zu fragen. Wagt doch jemand die Frage, wird er schief angesehen. Aha, da ist ein Neuer, der noch nicht weiß, wie der Hase hier läuft. Der soll nur abwarten, dann wird er schon merken, was die Uhr geschlagen hat. Unverständnis mischt sich mit Zurückhaltung und der Sorge, nicht dazu zu gehören, also beginnen auch die anfänglichen inneren Fragezeichen zu verblassen und man verhält sich so wie immer.

Für jeden Menschen und für jedes Unternehmen existieren diese kleinen mächtigen Pflöcke. Oft werden sie nicht mehr bewusst wahrgenommen. Sie steuern das Handeln der Menschen und veranlassen sie oft genug dazu, eben nichts mehr zu tun.

Welche Pflöcke können sie sich vorstellen? Wo machen sie das ewig Gleiche? Welche Automatismen existieren in ihrem Leben oder in Ihrer Firma? Sind sie wirklich hilfreich? Ginge es auch ohne sie? Wem nützen Sie?

Fragen sind ein (Coaching)-Anfang.

 

 

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