Warum Beratung doch gut tut

Donnerstag, 24. November 2011 12:30


Vielleicht kennen Sie den berühmten Witz mit dem Schäfer und dem Unternehmensberater schon? Wenn nicht – hier ist er noch einmal, allerdings mit ein paar wichtigen Nach-Gedanken.

Als der Schäfer mit seiner Schafherde auf der Weide döste, kam plötzlich ein schickes Auto angebraust und daraus sprang ein sportlich wirkender Mann im Maßanzug. „Wenn ich Ihnen sagen kann, wie viele Schafe sie haben, schenken Sie mir dann eines?“ Der Schäfer, dem etwas langweilig war, ließ sich auf das ungewöhnliche Spiel ein. Der Fremde holte seinen Laptop hervor, tippte darauf herum, telefonierte, lief um die riesige Herde herum und kam schließlich zu dem Schluss: „1023.“ „Richtig!“, meinte der Schäfer. Der Mann, seine Zeichens Unternehmensberater, ergriff darauf ein Schaf und wollte es gerade in sein Auto tragen, als er die Stimme des Schäfers hörte: „Wenn ich Ihnen sagen kann, welchen Beruf Sie haben, geben Sie mir dann das Schaf zurück?“ Der Fremde stutzte, sah aber kein Risiko und stimmte zu. „Unternehmensberater“, sagte der Mann vom Land. Verblüfft fragte der Erkannte: „Wie haben Sie das nur herausgefunden?“. Die Antwort des Schäfers: „Erstens: Sie kommen, ohne, dass Sie jemand gerufen hat. Zweitens: Sie sagen mir etwas, das ich längst weiß, und drittens: Sie haben keine Ahnung von meinem Geschäft. Und jetzt geben Sie mir meinen Hund zurück!“

Der Witz macht sehr schön deutlich, welche Risiken damit verbunden sein können, wenn ein Unternehmen externe Beratung, zum Beispiel im Bereich Personalentwicklung, in Anspruch nimmt. Dabei kommt man aber nicht immer dahin, die vorhandenen Chancen zu schätzen.

Es ist richtig, dass sich externe Berater oft selbst anmelden. Der Vorteil: Menschen wie Organisationen neigen dazu, Veränderungen dann anzugehen, wenn der Leidensdruck extrem hoch ist. Genau dieser hohe Grad an Aktivierung erschwert aber die notwendigen Veränderungen. Vorausschauende Berater sollten sich also melden, wenn es (scheinbar) keinen akuten Bedarf gibt, bzw. der Leidensdruck noch nicht den Siedepunkt überschritten hat.



Wusste der Schäfer tatsächlich wie viele Schafe er hatte? Er behauptet es, vielleicht stimmt es, vielleicht nicht. In jedem der beiden Fälle kann es sehr wichtig sein, hin und wieder in den Spiegel zu schauen, um etwas über die eigenen Stärken und Schwächen zu erfahren. Menschen wie Unternehmen neigen dazu zu vergessen, über welche insbesondere immateriellen Ressourcen sie intern verfügen. Als Folge geben Sie viel Geld den Einkauf von Potenzialen aus, die in der Organisation längst vorhanden sind,  und - beispielsweise mit Hilfe von Potenzialanalysen - auch entdeckt und gehoben werden könnten.

Wie ist es möglich einen Hund mit einem Schaf zu verwechseln? Die vermeintliche Dummheit des Beraters könnte Anlass dazu geben über Positionen, Rollen und Strukturen eines Systems nachzudenken. Der Schäfer sieht den Splitter im Auge des Beraters, aber sieht er auch den Balken im eigenen Auge. Betriebsblindheit und Routine verhindern, dass Mitarbeiter eindeutige nachvollziehbare Ziele erhalten („Das ist doch klar.“). Was klar scheint, ist des deswegen noch lange nicht. Spätestens wenn das nächste Projekt sich wieder einmal aus unerfindlichen Gründen verzögert, wird das deutlich. Eigenverantwortliches Handeln und effektive Teamarbeit leben von lästigen aber sehr effektiven Feedbackprozessen.

Humor erlaubt es uns Tabus zu brechen. Gute Berater (Coachs, Trainer, Personalentwickler) tun genau das.

©2010 Personalentwicklung 3000 Thomas Lang, Berlin