Dienstag, 07. Juli 2009 17:27
Mitarbeiterbefragungen sind unter Führungskräften nicht unbedingt beliebt. Der Widerwille zeigt sich in der Frage: „Sollte ein Kapitän im Sturm seine Matrosen nach dem richtigen Handeln fragen?“ Meine Antwort: Im Prinzip Ja, den der Schwarm weiß mehr als der am Kopf stinkende Fisch.
Die gegenteilige Antwort scheint (!)zunächst klar. Unter Druck, wenn Stress und Unsicherheit herrschen, bedarf es eines „Führers“, denn der einfache Mitarbeiter (nur am Gehaltsscheck und Zigarettenpausen interessiert, das kennen wir ja...) ist viel zu verwirrt, um den rechten Weg zu kennen. Abgesehen davon, dass diese Aussage über die Motivationsfaktoren von Mitarbeitern falsch ist (s. Mercer-Studie), ist sie auch zusätzlich nur teilweise richtig. Es stimmt, dass beherzte Entscheidungen in Krisensituationen helfen können, Passivität zu überwinden. Die Sturmmetapher suggeriert, das Informationssammlung im großen Stil zwangsläufig zu noch mehr Verwirrung führt. Das ist so nicht richtig. Auf den Zeitpunkt und die Form kommt es an.
Wissen bietet die Chance, sinnvoll und zielgerichtet zu handeln. Wer auf eine fundierte Diagnose verzichtet, macht effektive Intervention zum Glücksspiel. Vielleicht ist Ihnen ja auch der folgende Spruch über Krisenmanagement bekannt: „Als wir das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten wir unsere Anstrengungen“. Aktionismus allein ist selten eine Lösung.
Gerade in Zeiten des Internets und der damit verbundenen Moderne einer kollektiven Intelligenz gibt es ganz andere Möglichkeiten. Die neuen Medien revolutionieren die Welt. Twitter, Blogs, das Web 2.0 sind gute Beispiele dafür, dass die Masse auf einzigartige Art und Weise wissen genieren und nutzbar machen kann. Der „Schwarm“ verfügt über Do-how, das dem Individuum nicht zugänglich ist.
Heutzutage heften sich viele Chefs ans Revers, systemisch zu denken. Tatsächlich sind sie oft nur arrogant genug, die eigene Realitätskkonstruktion nicht mehr zu hinterfragen. Systemische Organisationsentwicklung aber ist ohne das Wissen der Mitarbeiter ebenso wenig denkbar, wie sytemisches Coaching, das Ursachen und Lösungen im Symptomträger sucht. Mitarbeiterbefragungen, gerade und auch als „Blitzlicht“, sind eine immense Hilfe auf dem Weg einer geteilten Wirklichkeit, in der gemeinsames Handeln und damit gemeinsame Erfolge möglich werden.
Blitzlichtbefragung? Dieser Begriff stammt eigentlich aus dem Seminarpädagogik. Der Trainer fragt seine Teilnehmer nach der aktuellen Befindlichkeit? Arbeiten sie innerlich am Thema? Haben Sie Lust auf den gerade behandelten Baustein? Gibt es Wünsche oder Verbesserungsvorschläge?
In der Regel wird dafür plädiert, dass MAB ausgefeilt und gut geplant von statten gehen. Doch wie viele gute Manager wissen, existieren auch Quickanddirty-Lösungen, die ausgesprochen effektiv sein können. Am Rande bemerkt: Einige der heute erfolgreichsten Unternehmen entstanden in schmutzigen Garagen voller pickliger Menschen, die etwas bewegen (oder wenigstens Geld machen) wollten.
Bei der Blitzlicht-MAB geht man pragmatisch vor. Die klassischen Fragebereiche umfassen Führungskultur, Arbeitsmittel, Bezahlung, Weiterbildung, Zusammenarbeit. Das reicht. Ein einfaches Rating kann erstaunliche Wirkung zeitigen. Zunächst dient es als wichtiges Ventil für angestaute Energie jeder Coleur, positiv wie negativ. Es liefert hilfreiche Informationen. Und es ist Bestätigung von Gemeinsamkeit. „Wir sitzen alle im selben Boot, also lasst es uns auch gemeinsam segeln.“
Das Problem vieler Führugskräfte ist, dass sie nicht mehr wissen, was in ihrem Unternehmen geschieht. Sie schotten sich in Managementzirkeln mit ihren Visionen ab, anstatt das Wissen zu nutzen, das vor ihren Füßen liegt. Mitarbeiter sind keine unkreativen Erfüllungsgehilfen von genialen Visionären. Sie haben selbst Ideen, Engagement und den Drang, Spuren zu hinterlassen. Jeder MAB ist auch ein Beweis von Bescheidenheit, ein zukunftsfähiges Führungsmodell in Zeiten gescheiterten Größenwahns.
Mitarbeiterbefragungen sollten gut vorbereitet sein, heißt es. Tatsächlich führt diese Einstellung häufig zu gar nichts (Warten auf Sturm). Wichtig erscheint mir, dass die Führungskräfte 100%ig hinter einem Pareto-Instrument (mit 20% des Einsatzes 80% Ergebnis erzielen) stehen. Gut ist es auch, wenn die Mitarbeiter über Sinn und Zweck informiert werden. Eine zugesagte Nachbearbeitung der Ergebnisse verläuft idealerweise transparent und planvoll. Die wichtigste Regel lautet aber: Wenn Sie eine Mitarbeiterbefragung durchführen, lösen Sie sich von bürokratischen Perfektionismusansprüchen. Fragen Sie einfach!
Und wundern Sie sich ruhig, wenn Sie tolle Tipps und Lösungen finden. Sie sind gut beraten, das eine oder andere davon, in die Tat umzusetzen. Bewährt hat sich dabei eine Kombination aus Top-Down und Button-up-Strategie. Die Führungsriege sichtet die Ergebnisse und leitet Handlungsalternativen ab. Diese werden an die darunter liegenden Hierarchieebenen weitergegeben. In einer transparenten Unternehmenskultur erhalten allerdings auch die Mitarbeiter auf unterster Ebene Einsicht in die Ergebnisse. Häufig sind sie am nahe an der Problemlösung. Sie arbeiten in der Produktion oder treten in direkten Kontakt mit den Kunden. Ihr Know-how ist nicht nur bei der Analyse, sondern eben auch bei Intervention und damit Lösung unverzichtbar.
Damit diese Kombination von Lösungsschritten letztendlich zusammenfindet, bedarf es im Unternehmen Change-Agenten, Menschen, die in der Lage sind, Informationen zu sammeln, zu strukturieren und Handlungen zu initiieren. Wenn Sie eine Mitarbeiterbefragung also nutzen wollen, qualifizieren Sie Ihre Mitarbeiter als Change-Moderatoren. Das liest sich vielleicht zunächst, komplizierter als es tatsächlich ist. Der Change-Moderator leitet kleine Gruppen, in denen aus den gesammelten Daten Lösungsideen abgeleitet werden. Er reicht dann die Ergebnisse in der Organisationshierarchie, selbst Teil einer Gruppe auf höherer Ebene, weiter, bzw. trägt sie als Moderator in seine Gruppe hinein.
Ein Schiff im Sturm braucht keinen „Kontrollfreak“, der die Mannschaft für dumm verkauft. Fazit: Die schwarm-weise Führungskraft führt bei Zeiten (Blitzlicht-) MAB's durch und hilft der Information im Unternehmen zu zirkulieren. Wissensmanagement 2.0. Ein Tipp zum Schluss: Warten Sie nicht unbedingt auf Sturm und nutzen Sie die Mittel der modernen Informationstechnologie für Ad-hoc-Befragungen. Die Trekkis im Unternehmen helfen Ihnen weiter.
Sollten SIE jetzt fragen haben, greifen Sie gerne zum Telefon und lassen SIE es blitzen.
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