Wir sind Coach

Montag, 13. April 2009 13:34

 

Vor Jahren beglückte die Bildzeitung uns mit der Schlagzeile „Wir sind Pabst“. Wenn man heute den Weiterbildungsmarkt betrachtet könnte man meinen, wir alle sind Coach. Deutschland, das Land der Coachs. Beziehungscoach, Business-Coach, Erfolgscoach, Finanzcoach, Rasiercoach…Die dazu gehörigen Coaching-Verbände bekommen nun zusätzlich Gegenwind bei dem Versuch, ihrer Profession Profil zu verleihen.

Gerade beginnt es in Mode zu kommen, sich Zertifikate auf Weiterbildungen abzuholen und sich in entsprechende Datenbanken einzutragen, da flattert eine beunruhigende Untersuchung aus Schottland auf die Schreibtische der Coachs. 

Die Autoren Robert G. Hamlin von der britischen University of Wolverhampton, Andrea D. Ellinger von der nordamerikanischen University of Illinois und Rona S. Beattie von der britischen Glasgow Caledonian University haben sich viel Mühe gemacht, dem Coaching auf die Spur zu kommen. Ihre Kernfrage lautete: Was macht ein professioneller Coach eigentlich anders als ein „herkömmlicher“ Berater, Personal- oder Organisationsentwickler? Anders formuliert: Gibt es tatsächlich etwas, dass das Coaching als eigenständige Profession konstituiert?

Sie wälzten eifrig Literatur und unterschieden im Rahmen von Coaching vier große Definitionen. Dabei handelt es sich im Englischen um Coaching, Executive Coaching, Business Coaching und Life Coaching. Trotz des begrifflichen Fein-Tunings in Bezug auf die jeweilige Zielgruppe überwiegt das Gemeinsame. In allen Variationen geht es im Wesentlichen um die Beeinflussung von Individuen zum Zwecke einer beruflichen Verbesserung.

Verfolgen aber Organisations- und Personalentwicklung nicht das gleiche Ziel? Amerikaner verwenden zusätzlich gerne den Begriff Human Resources Management. Die Definitionen dieser Bereiche beinhalten alle die Absicht, Menschen bei der Arbeit zu helfen, sie also fitter für den Job zu machen. 

Die Untersuchung von Hamlin, Ellinger und Beattie belegt nun, dass die Grenzen tatsächlich fließend sind. Coaching, PE und OE sind eigentlich nicht voneinander zu unterscheiden. Im Kern macht ein Personalentwickler, der seine Führungskräfte berät, nichts anderes als ein Coach. Auch der Organisationsentwickler will mit Einzelgesprächen Menschen unterstützen, berufliche Herausforderungen zu meistern. Selbst die Handwerkszeuge, angefangen beim beratenden Gespräch über Visualisierungstechniken bis hin zu Rollenspielen überschneiden sich.

Werfen wir die definitorischen Abgrenzungen also über Bord. Die Menschen, die mit und für Menschen arbeiten, können sich die Hände reichen.

Logischerweise macht es diese Untersuchung den Coachs schwer, an Profil zu gewinnen. Eigentlich darf sich jetzt jeder Personalentwickler Coach nennen. Organisationsentwickler gehören auch dazu. Die Wissenschaftler erwähnen es zwar nicht in ihrer Untersuchung, doch es bleibt zu vermuten, dass ein Trainer, Mentor, ja sogar der einfache Therapeut, im Grunde nichts anderes macht. Sie alle coachen.

Diese nun auch wissenschaftliche belegte Beobachtung hat Vor-und Nachteile für Coachs wie Coachees. Coachs sollten sich stärker auf die Arbeit und weniger auf Verbands- und Lobbyarbeit konzentrieren. Sie können sich durch ihre Arbeit und Ergebnisse renommieren, anstatt sich Schein-Know-how durch Seminar-Scheine einzukaufen. Diejenigen, die das schon gemacht haben, dürfen auf den einen oder anderen Inhaltlichen Gewinn hoffen. Sie werden dadurch aber keine Coachs!

Für den möglichen Coachee hat die Beobachtung zur Folge, dass er sich nicht mehr im Wirrwarr der Verbände zurechtfinden muss. Er darf den Coach auf die Probe stellen. Er darf sich auch auf sein Gefühl und seine Wahrnehmung verlassen. Das, was das Coaching mit ihm macht, soll dazu führen, dass es ihm besser geht. Nach der vorliegenden Untersuchung ist es nur angebracht einer Empfehlung von Psychotherapieforscher Klaus Grawe zu folgen, wonach sich der Wert einer Behandlung spätestens nach 6 Sitzungen in einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik widerspiegeln sollte. Übertragen auf das Coaching: Das Label sollte nicht im Vordergrund stehen. Der Coachee hat ein Recht auf Fortschritt und Verbesserung. Schnell und effektiv. Die Multi-Modale-Beratung ist geboren.

 


Stellen Sie Ihren Coach/Personal-/Organisationsentwickler/Trainer/Mentor/Therapeuten etc. auf die Probe. So trennen Sie die Spreu vom Weizen.  

Übrigens: Ein aktueller Trend geht in Richtung Selbst-Coaching, was ja nur folgerichtig ist. Schließlich sind wir schon Pabst. Wer auf Hilfe aus erster Hand wert legt und Ergebnisse wertschätzt, sollte aber gerne Kontakt aufnehmen.

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