Montag, 20. September 2010 13:47
Welchen Nutzen hat ein Coaching? Diese Frage ist objektiv schwer zu klären. Gleichsam sollten aber auch subjektive Einschätzungen, wie sie Coachs, Trainer und Personaler häufig verwenden, mit Vorsicht genossen werden.
Aus der Psychotherapieforschung bekannt ist der Hello-Goodbye-Effekt. Dabei handelt es sich um eine systematische Fehleinschätzung in zwei Teilen, die den Nutzen einer Maßnahme verdunkelt. Klienten neigen dazu, zu Beginn einer Intervention ihr Problem besonders drastisch darzustellen. Der Vorteil davon: Der Helfer fühlt sich genötigt, den Klienten anzunehmen. Wer so schlimm leidet, den darf man nicht im Stich lassen. Nach dem Coaching zeigt sich ein anderes Problem. Zwischen den Parteien hat sich eine Beziehung entwickelt. Häufig hat sich der Coachee persönlich stark eingebracht und sich persönlich geöffnet. Nun will man natürlich diese Beziehung nicht gefährden und schätzt die geleistete Hilfe wohlwollend als sehr viel nützlicher ein als sie tatsächlich war. Man belohnt sozusagen den Coach mit einem positiven Feedback, um sich den guten Kontakt zu erhalten.
In Kombination führen diese Einschätzungen dazu, dass der tatsächliche Nutzen viel größer erscheint, als er tatsächlich ist. Es wird sozusagen vorne etwas abgeschnitten und hinten etwas angehängt und auf einmal erscheint die Wirkung der Intervention immens.
Was lässt sich nun tun, um diesen Bias, systematischen Bewertungsfehler, auszuschließen. Messen Sie, was man messen kann. Zu Beginn einer Maßnahme betrachten Sie, wo sie stehen und halten dies am besten in Zahlen fest. Dann formulieren Sie ein Ziel, das sie ebenfalls messen können. Am Schluss prüfen Sie auch tatsächlich, wie weit Sie sich diesem messbaren Ziel genähert haben.
Problematisch wird es in Fällen, wo eine Messung nicht ohne weiteres möglich ist. Verwenden Sie also ausreichend Zeit darauf, sich Gedanken zu machen, wie sie doch messen können. Das schärft ihr Bewusstsein für die Lösung und das Ziel und bildet so mit den ersten Schritt hin zur Verbesserung. Daneben erlaubt es Ihnen anschließend tatsächlich einzuschätzen, ob ihre Investition sinnvoll war.
Dabei bleibt es Ihnen frei gestellt, bei keiner oder einer geringen Veränderung (von einem Rückschritt wollen wir gar nicht sprechen), den Nutzen auf einer anderen Ebene zu suchen. Aus Gründen der Erhaltung eines positiven Selbstbildes wäre diese Wahrnehmungsverzerrung durchaus verständlich. Im Sinne einer positiven Entwicklung und im Sinne ihres Geldbeutels rate ich zu der genannten Alternative.
Besonders nützlich ist solch eine Herangehensweise bei Beratungen und Coachings mit eindeutiger Zielsetzung wie etwas einem Outplacement. Auch hier lässt sich beobachten, dass Klienten dazu neigen, eine Investition schön zu reden, wenngleich das Ziel, eine neue Position, nicht erreicht wurde.
Doch auch wenn das Ziel erreicht wurde, muss das keineswegs mit dem Berater in Zusammenhang stehen. Unseriöse Berater unterstützen den Klienten zu Beginn darin, seine eigene Kompetenz klein und die Schwierigkeit der Situation groß zu reden. So sind sie am Ende eines Prozesses, zu dem sie nichts beigetragen haben, in der Lage, den Erfolg und ihren eigenen vermeintlichen Beitrag in besonders schönem grellem Licht erscheinen zu lassen. Die Neigung des Klienten zum Bias unterstützen sie.
Mein Rat: Lassen Sie die Finger von Beratern und Coachs, die Ihnen weismachen wollen, ihre Leistung sei ein Service, der sich nicht messen lässt. Der Service kann ihnen gestohlen bleiben, wenn Sie keinen Fortschritt erzielen. Setzen Sie auf Ergebnisse, und bezahlen sie diese, wo immer sie können. Bezahlen Sie für Gesundheit, nicht für Behandlung. Oder um im Bild zu bleiben: Nehmen Sie sich ein Coaching nach Maß.
©2010 Personalentwicklung 3000 Thomas Lang, Berlin