Montag, 18. Oktober 2010 20:17
Es gehört mittlerweile zum guten Ton, vor den Gefahren des Internets zu warnen. Insbesondere das Grundrecht auf Datenschutz droht ja durch soziale Netzwerke wie Facebook und Online-Angebote wie Google Street View ausgehöhlt zu werden. Besser als Hysterie ist aber Wissen und Do-how. Das gilt in der modernen Zeit auch und gerade für die Selbstpräsentation in Online-Netzwerken. Wie präsentieren Sie sich und was verrät das über Sie?
Eine interessante Studie aus dem Bereich Cyberpsychologie erhellte unlängst die Monitore...und einen Teil der Motive von Facebook-Usern. Die kanadische Psychologin Soraya Mehdizadeh nahm die Selbstpräsentation dieser Gruppe psychologisch unter die Lupe.
Nicht erst seit Goffmans Theorie der Selbstpräsentation („Wir alle spielen Theater“) ahnen wir, dass Menschen häufig schauspielern. Wir alle schlüpfen für andere in Rollen und geben uns Mühe, einen möglichst positiven Eindruck zu hinterlassen. Die Mittel, die uns für dieses „Impression Management“ zur Verfügung stehen sind vielfältig. Sie beginnen mit der Veränderung unserer äußeren Erscheinung durch Kleidung und Kosmetik und reichen über nonverbales Ausdrucksverhalten (Mimik, Gestik, Stimme etc.) bis hin zu Selbstaussagen über unsere Vorlieben und Einstellungen. Das „Image“, das wir von uns erzeugen, hat schließlich nicht nur im Bewerbungsprozess große Bedeutung. So wie uns andere Menschen sehen, behandeln sie uns. Unterstützung, Anerkennung, Verständnis und vieles mehr, richtet sich nach der Art und Weise wie uns andere wahrnehmen. Rückwirkend speist sich unser Selbstbild und unser Selbstwert zentral aus unseren Annahmen wie wir von anderen wahrgenommen werden. Die Menschen haben also allen Grund, sich möglichst positiv zu präsentieren.
Die virtuellen Netzwerke bieten ein weites Spielfeld dafür. Die Instrumente, die sich für private wie professionelle Zwecke bieten, umfassen Fotos, Selbstdarstellungen, den Austausch von Nachrichten oder die virtuelle Verbindung mit anderen „Online-Schauspielern“. Das Internet ist eine einzige große Bühne zur Selbstdarstellung, so mag es scheinen.
Besonders gerne und intensiv wird sie von Menschen mit Hang zum Narzissmus und einem angeschlagenen Selbstwert genutzt. Die Autorin der wissenschaftlichen Untersuchung der Nutzung von Facebook verglich beispielsweise die Häufigkeit mit der Fotos nachbearbeitet wurden oder die Frequenz von Updates auf Profilseiten mit den Ergebnissen in Persönlichkeitstests. Ergebnis: Wer auf Facebook besonders aktiv ist und sein Profil intensiv pflegt, neigt einerseits dazu, sich selbst gerne in den Mittelpunkt zu stellen und andererseits einen geringen Selbstwert zu haben. Nähere Angaben zur Studie finden Sie hier.
Sicher lassen sich die Ergebnisse nicht 1 zu 1 auf Business-Netzwerke wie Xing übertragen und auch die Selbstpräsentation auf der persönlichen beruflichen Homepage unterliegt vielfältigen anderen Einflussfaktoren. Im Sinne einer gesunden Vorsicht raten sie aber doch, die bekannten Techniken der Selbstpräsentation auch beim Surfen im Internet im Hinterkopf zu haben.
Gang und Gebe ist in diesem Zusammenhang beispielsweise etwas, das von Mark Leary von der Duke University in Durham als BIRGing (Basking in reflection glory / sich im Ruhm anderer aalen) bezeichnet. Netzwerke laden dazu ein, sich mit anderen zu verbinden. Die Nähe zu bestimmten anderen Usern und/oder deren Institutionen kann aber leicht zu einer vielleicht unbegründeten Aufwertung verführen. Jemand mag seinen Abschluss an einem renommierten Institut gemacht haben und eine Zeit lang für ein Unternehmen gearbeitet haben, das gerade positive Schlagzeilen im Wirtschaftsteil produziert. Er mag virtuell mit dem einen oder anderen Geschäftsführer verbandelt sein und einem Verband angehören, der sich groß und mächtig präsentiert. Das alles muss aber nicht zur Folge haben, dass derjenige selbst ein solcher Hundertsassa ist. Vielleicht ist er einfach nur gut im virtuellen Netzwerken und der Selbstpräsentation.
Niemand sucht sich seinen Trainer oder Coach ausschließlich aufgrund dessen Präsentation in der schönen neuen Computerwelt, doch wie oft kommt ein Kontakt zustande, weil etwas teuer und professionell „wirkt“?
Große Unternehmensberatungen profitieren nicht selten von dem vermeintlichen Bonus der Erfahrung und ihrer Kontakte. Dass der Klient tatsächlich mit Beratern arbeitet, deren Haltbarkeitswert bei unter 18 Monaten liegt und der schon in Folge dessen nur in eingeschränktem Maße Kultur, Technik und auch Netzwerk des großen Namens einsetzen kann, liegt zwar auf der Hand, trotzdem funktioniert das Marketing by Image hervorragend. Der Grund: Auch vielen Klienten kommt es nicht wirklich auf die Wirkung an. Sie engagieren Coachs, Trainer und Berater ebenfalls primär aus zu dem Zweck, ihr Image aufzuwerten. Verständlich und fatal zugleich, gerade wenn konkrete Hilfe dringend erforderlich ist.
Ein Blick hinter die Kulissen ist nicht immer leicht zu erhaschen. Psychologische Mechanismen der Manipulation und des Impression Managements werden von den Künstlern der Public Relations virtuos verwendet. Zahlreiche dieser Tricks zielen direkt ins Unbewusste und vernebeln den Verstand. Die Lösung, die sich für Sie daraus ergibt, ist recht einfach: Intuition ist eine feine Sache, aber vergessen Sie daneben nicht, genau zu prüfen, was Sie wirklich wissen und was Ihnen die Medien (und die Menschen dahinter) suggerieren.
Zum Menschen und Coach für Aufträge im Backstage-Bereich geht’s hier.
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